Die Rehabilitation einer geschädigten Achillessehne benötigt kontrollierte Belastung. Das klingt erst einmal befremdlich, wenn jedes Treppensteigen, vielleicht sogar jeder Schritt schmerzt. Aber für die Funktion und Belastbarkeit der Sehne kommt es auf deren Kollagenstruktur an und diese benötigt Belastungsreize zur Regeneration und für ihren Aufbau. Daher die einhellige Empfehlung zu flankierenden Übungen für eine erfolgreiche Achillessehnentherapie. Entscheidend ist dabei jedoch, die Belastung richtig zu dosieren, um die gewünschten funktionellen und strukturellen Verbesserungen an der Achillessehne zu erreichen und keine Verschlechterung an der Sehne zu bewirken.
Welche Übungen für die Achillessehne sind am besten?
Bei der Behandlung von Achillessehnenproblemen haben sich verschiedene Übungsformen als hilfreich erwiesen. Weit verbreitet ist das exzentrische Training der Achillessehne, das sich unkompliziert an einer Treppenstufe absolvieren lässt. Für das therapeutische Training der Achillessehne haben sich aber auch isometrische und konzentrisch-isometrische Kraftübungen etabliert.
Abb. von Medivid / Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Wirksamkeit hinsichtlich funktioneller Verbesserungen durch das exzentrische Achillessehnentraining ist klinisch belegt. Beim Exzentrischen Training wird das betroffene Bein aus dem Zehenstand langsam abgesenkt und durch das nicht betroffene Bein wieder in den Zehenstand gebracht. Diese Dehnungsübung soll 2 x täglich mit 3 Sätzen à 15 Wiederholungen durchgeführt werden. Allerdings kann das exzentrische Training zu Beginn der 12-wöchigen Übungsphase erst einmal zu vermehrten Schmerzen an der Achillessehne führen. Dies kann dazu beitragen, dass die Trainingstherapie nicht wie notwendig konsequent 12 Wochen lang durchgezogen wird. Aber genau das ist für eine erfolgreiche Achillessehnentherapie zwingend erforderlich. Die Übungen nicht vorzeitig abzubrechen, sondern 3 Monate durchzuhalten, ist Pflicht!
Ein alternatives Trainingsprogramm, das zu nachgewiesen guten Ergebnissen führt, ist das sogenannte „Heavy Slow Resistance“ Training (HRS-Training) nach Beyer. Der Übungsplan erstreckt sich gleichermaßen auf mindestens 12 Wochen. Allerdings werden für diese Übungen Krafttrainingsgeräte benötigt. Beim Heavy Slow Resistance Training werden hohe Lasten langsam und kontrolliert bewegt.
Eine interessante Übungsvariante für das Heimtraining ohne spezielle Trainingsgeräte haben wir in den Übungsempfehlungen des Orthopädie und Traumatologie Centrums in Regensburg entdeckt. Bei diesen Übungen werden starke isometrische Dehnungsreize an der Sehne ausgelöst mit dem Ziel, strukturelle Anpassungen der Sehne in Bezug auf den Querschnitt und damit der Sehnensteifigkeit zu bewirken.
Letztlich hat sich in den bisherigen Studien zu Trainingsprogrammen für die Achillessehne gezeigt, dass es weniger auf die Art der Muskelkontraktion bei der Übung ankommt – also isometrisch, exzentrisch und/oder konzentrisch – es aber um so wichtiger ist, dass es sich um einen Belastungsreiz mit hoher Intensität handelt, der für mehrere Sekunden gehalten wird.
Warum sollte man eine schmerzende Achillessehne mit kontrolliert hoher Belastung trainieren?
Die geschädigte Achillessehne benötigt Belastungsreize, um zu heilen. Das klingt erst einmal paradox. Aber Sehnen passen sich bei Belastung im Hinblick auf die Eigenschaften des Sehnenmaterials, nämlich dem Kollagengehalt, und im besten Fall hinsichtlich der Größe ihres Querschnitts an.
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Die Vergrößerung des Sehnenquerschnitts hat einen wichtigen Effekt für die Belastbarkeit der Sehne, denn sie sorgt für einen erhöhten Sehnenwiderstand. Man nennt das auch erhöhte Sehnensteifigkeit. Eine Sehne mit geringem Querschnitt – also geringer Steifigkeit – wird bei hoher Krafteinwirkung stärker gedehnt als eine Sehne mit einem größeren Querschnitt. Je stärker die Dehnung der Sehne ausfällt, desto höher wird auch das Verletzungsrisiko für die Sehne. Folglich ist ein größerer Sehnenquerschnitt von Vorteil, da die Sehne bei hoher Krafteinwirkung dank des größeren Querschnitts weniger stark gedehnt wird und dadurch das Verletzungsrisiko für die Sehne sinkt.
Das Ziel von kontrollierten Kraftübungen im Rahmen der Achillessehnentherapie sollte daher neben der Regeneration der geschädigten Kollagenstrukturen ein vergrößerter Sehnenquerschnitt (= höhere Sehnensteifigkeit) durch die Anlagerung von Kollagenfasern sein. Damit kann erreicht werden, dass die Sehne bei Belastung weniger gedehnt, also weniger beansprucht wird.
Das Training für die Sehne muss dabei auf die Besonderheiten der Sehnenstrukturen eingehen. Im Vergleich zu Muskelgewebe passen sich Sehnen durch Training langsamer und anders an. Während Muskeltraining mit geringer Intensität immer noch ausreicht, um ein Muskelwachstum hervorzurufen, führt eine niedrige Intensität des Trainings bei Sehnen kaum zu einer Anpassung. Daher also die Empfehlung für eine kontrollierte, hohe Belastung der erkrankten Achillessehne.
Eine 2021 veröffentlichte Studie zu einem Heimübungsprogramm bei chronischen Achillessehnenbeschwerden zeigt, dass starke Belastungsreize an der Sehne (ausgelöst durch eine Muskelkontraktion), die für mehrere Sekunden gehalten werden, eine strukturelle Anpassung der Sehne in Bezug auf Querschnitt und Sehnensteifigkeit erzielen.¹ Wichtig ist, dass die kontrollierte, hohe Belastung nicht mit einer Schmerzunahme verbunden ist. Wenn eine solche eintritt, war das Training zu intensiv und muss angepasst werden.
¹ Legerlotz / Radovanović, Chronische Achillestendinopathie – Entwicklung und Effekte eines evidenzbasierten Heimübungsprogramms als alternative Behandlungsoption, Zeitschrift für Physiotherapeuten, Februar 2021, S. 39-44
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